Der definitive Guide zum Werk von Marco Buschmann aka MB Sounds
Eine Handreichung in fünf Tracks des Ex-Justizministers, von "Winston Reconditions The Foenix” bis "Memories of Madrid".

Wenn das Ende der Regierung und die auch international eher finsteren Aussichten dieser Tage einen Gewinner kennen, dann ist das Ex-Justizminister Marco Buschmann. Der ist nämlich - Fans wissen es bereits - seit Jahren unter dem Namen “MB Sounds” als Laptop-Producer musikalischer Eigenartigkeiten auf Soundcloud unterwegs. Was früher ein Hobby nach Feierabend war, könnte nun sein Hauptberuf werden.
Auch wenn die KI-generierten Artworks zu seinen Tracks es nicht vermuten lassen, hat Buschmann nämlich durchaus Geschmack: Laut diesem Interview geht Buschmann gerne mal in den Salon des Amateurs in Düsseldorf (zusammen mit Christian Lindner) und kennt Namen wie die Italo-DJ-Legende Beppe Loda. Ein Feinschmecker! Vergangene Woche erkannte er dann die dornige Chance im Scheitern und veröffentlichte zum Ampel-Aus einen Track mit dem paradoxen Titel “Gehen um zu stehen”, was eigentlich auch ein guter Titel für einen Sauf-Schlager wäre. Der Track wurde bereits von einigen Experten durchanalysiert, zum Beispiel hier, oder hier.
Als langjähriger MB-Sounds-Ultra möchte ich nun neugierigen Ohren den Zugang zum ~Œuvre~ von Buschmann eröffnen. Hier also eine Handreichung mit fünf Werken zum erleichterten Einstieg, denn die Werke des MB Sounds wirken auf das nicht geschulte Ohr zunächst oft… abschreckend.
1. “Winston Reconditions The Foenix”
Wie so oft, ist im Frühwerk eines Künstlers bereits die Essenz seines Stils angelegt: Selbstbewusste Titelgebung, im Arrangement lieber zu viel als zu wenig, lieber direkt zum Höhepunkt anstatt lange zu fackeln, das Abmischen lieber Profis überlassen bzw. einfach lassen. “Winston Reconditions The Foenix” (sic!) stammt, sofern ich richtig gerechnet habe, von 2015 und startet mit einem lässigen Party-Alarm-Synth. Darauf folgt ein fast nicht wahrnehmbarer Kick-Drop, bei dem Buschmann durchaus dicker hätte auftragen können, aber vielleicht haben dann die Nachbarn geklingelt. Später schaut ein Kraftwerk-Pattern vorbei, kontrastiert von einem brutal anstrengenden Flanger-Riff, das im Refrain verschwindet, um Platz für eine wirklich schöne Melodie zu machen. Dann taucht es wieder auf. Naja.
2.“Excalibur calls for Arthur”
Müsste ein DJ-Set aus Buschmann-Material bestreiten, wäre dieser Track der Opener. Gleichzeitig steht er exemplarisch für eine Wende in Buschmanns Schaffen: Weg vom reinen Synthpop, hin zu vermeintlich organischeren Sounds aus Plug-Ins wie “Steinberg Vertigo Violin”. Ein Stampf-Sägezahn trifft auf eine Geige, dann ein Element, das wir schon von “Stehen um zu gehen” (oder wie hieß das doch gleich?) kennen: Der Chor. Buschmann liebt Chöre. Und Sagenkram. Bestimmt wäre er gerne der Witcher. Und weil Buschmanns Ansatz weniger der Verzögerung, sondern der Überforderung gewidmet ist, sind wir damit schon nach einer Minute und 20 Sekunden beim Climax: Da bricht ein - natürlich wieder rein synthetisches - E-Gitarren-Arpeggio (???) rein, das sich ein bisschen nach einer Muse-Coverband anhört, kombiniert mit einer Trompeten-Emulation, wie man sie seit “Super Smash Brothers” auf dem N64 nicht gehört hat. Danach passiert eigentlich nichts Neues mehr - aber bei Buschmann ist das oft besser so.
3. “Schattenjahre 3: Warten auf die Hochrechnung 2013”
Über die “Schattenjahre”-Reihe könnte man einen eigenen Post schreiben, hier will ich exemplarisch Teil drei herausgreifen. Buschmann gelingt es hier, ein Gefühl in Töne zu gießen: Und zwar das des Kräfte zehrenden Ausharrens in Form eines alles überlagernden Lead-Patterns. Es steht für das zähe Warten auf den Erfolg und dessen brutales Ausbleiben mit 4,8 Prozent bei der Bundestagswahl 2013. Die Hochrechnung kam wohl früher als erwartet, denn auch hier kommt der Bass bereits nach nur 29 Sekunden, passend zum Titel in Form einer enttäuschend dünnen Goatrance-Kick. Nach 1:45 ist alles mit einem Krach vorbei, die Scherben werden dann in “Schattenjahre 4: After The Result” aufgesammelt.
4.“Driving To The Bar”
Hier macht Buschmann einen auf reduziert, also zumindest zu Beginn (ganz netter Moog-Sechzehntel-Bass!) und im Abschnitt 1:45-2:11. Eine schöne Abwechslung, das klingt fast schon funky! Dazwischen passiert das, was er in der Caption verspricht: “Vangelis picks Daft Punk up with his car /
and together they drive through Kraftwerk's metropolis to a bar.” Leider spielen alle gleichzeitig, die unsichtbaren Hände des Marco regeln mal wieder nicht, ein User auf Soundcloud kommentiert mit “Hier bitte Tempolimit”. Aber für die paar genannten Sekunden lohnt sich’s und man merkt, dass irgendwo unter dem Calibur-Quatsch und 50 überflüssigen Spuren ein geschulter Musiker versteckt liegen könnte.
5.“Remebering Madrid”
Ein wiederkehrendes Motiv bei Buschmann ist die Nostalgie. Zwei Tracktitel enthalten “Memories” (“Memories of Jerusalem”, “Memories of the Coast”) und auch sonst scheint es sich Buschmann mit seiner Musik zur Aufgabe gemacht zu haben, seine Erinnerungen zu vertonen. Was genau Buschmann in Madrid gemacht hat, wird kaum greifbar, aber wie er hier die VST-Gitarre zu so einer Art Austeritäts-Flamenco zwingt, ist großartig. Die Drums sind hier auch mal nicht four-to-the-floor, sondern - nur scheinbar willkürlich - gebrochen. Wo anderen MB-Tracks nach einer Minute die Luft ausgeht, setzt hier noch ein wirklich starker 303-Acid-Bass ein. Groß! Bisschen schade, dass nach hinten raus noch eine gerade Open HiHat dazukommt die irgendwie mehr will, als sie leisten kann. Manchmal ist es besser nicht zu produzieren, als.. egal. Aber allein dafür, dass dieser Track keinen Chor enthält, sollte man Marco Buschmann dankbar sein. Ich jedenfalls freue mich schon jetzt auf die “Schattenjahre 2.0”-Reihe nach den Neuwahlen!
Bis nächste Woche!
Quentin